Gräfin Cosel
Anna Konstantia Reichsgräfin von Cosel
1680 - 1765
Geboren als Anna Constanze von Brockdorf, verheiratet mit Graf Adolf von Hoym.
Sie war eine beeindruckende und hinreißend schöne Frau von hoher Gestalt und edler Haltung. Sie hatte schwarze, klare, durchdringende Augen und außergewöhnlich schöne Hände. In ihrem Wesen lag etwas Gebieterisches, Königliches. Trotzdem sah sie immer traurig und ernst aus, ihre Augen und ihre Lippen lächelten nie.

Sie lebte seit ihrer Heirat mit Graf Adolf von Hoym zurückgezogen und bekam nur Besuch von Hoyms Schwester, Frau von Vitzthum. Diese hatte eine Zeitlang bei August II. in Gunst gestanden und erzählte der Gräfin viel von den Ausschweifungen des Dresdener Hofes.

Bei einer seiner nächtlichen Zechgelage erfuhr König August von Hoyms wunderschöner Frau. Es ließ ihn keine Ruhe - er musste sie so schnell wie möglich kennen lernen und setzte alles in Bewegung, um sie zu sich ins Schloss zu holen. Nachdem er sein Ziel erreicht hatte und auch die Gräfin nicht abgeneigt war, stellte sie eine Bedingung: sie wollte die Gemahlin des Königs werden und nicht nur dessen neue Mätresse. Sie forderte ein von August II. unterzeichnetes Schriftstück, dass er sie zu seiner rechtmäßigen Ehefrau machen würde, falls er zum Witwer werden sollte. Der König willigte ein. Nachdem sie von Hoym geschieden war, nannte sie sich Frau von Cosel (nach einem in Holstein liegenden Gut, das ehemals im Besitz ihrer Eltern gewesen war). Die Cosel rang König August noch ein weiteres Versprechen ab, sie wollte, dass sie vom Kaiser Joseph den Titel einer Reichsgräfin erhielt.

Der König ließ für sie den „Palais der vier Jahreszeiten“ erbauen. Die Gräfin betrachtete sich nunmehr als zweite, rechtmäßige Gattin Augusts und gab dieses auch deutlich zu erkennen: Auf Reisen, im Kriege, inmitten von Gefahren - sie war immer an der Seite des Königs und nichts flößte ihr Furcht ein. Unmittelbar nach ihrer Erhebung verbat sie sich jede Einmischung in ihre eigenen Angelegenheiten und weigerte sich auf das Entschiedenste, Ratschläge und Winke ihrer engsten Freundinnen, Gräfin Reuß, Fräulein Hülchen und vom Ehepaar Vitzthum anzunehmen. Dieser Akt der Selbständigkeit erfüllte den gesamten Hof mit Schrecken und brachte ihr die Feindschaft der Reuß-Fürstenbergschen Partei ein. Sie wurde herrschsüchtig und despotisch. Daraufhin taten Fürstenberg, die Gräfin Reuß und deren Partei alles, um die mächtige Despotin zu stürzen.

Die Cosel aber baute zu sehr auf ihre Reize und ihren Einfluss, so dass sie es nicht für nötig hielt, sich vor den Intrigen dieser feindseligen Schar in acht zu nehmen. Sie mischte sich in politische Angelegenheiten ein; so sollte ihrer Meinung nach Karl XII hinterhältig gefangen genommen werden.

In den Jahren 1708 und 1709 brachte sie zwei Mädchen zur Welt. Nichts brachte sie dazu ihre Lebensweise zu ändern sowie ihren Hang zum Luxus und zur Verschwendung abzulegen, obwohl der Krieg und dessen Unkosten, der Ruin des Landes, der Verlust der Krone und die feindliche Besatzung sie dazu hätten bringen müssen. Es war anzunehmen, dass die Cosel mit ihrer Hochmut, ihrer Verschwendungssucht, ihrem jähzornigen Charakter, trotz aller Anstrengungen ihrer Fantasie, den König zu unterhalten, diesem eines Tages lästig werden würde. Alle, die am Hofe irgendwelchen Einfluss besaßen, waren gegen sie. Fürst Egon von Fürstenberg, Graf Flemming, die Gräfin Reuß, Fräulein Hülchen sowie Frau von Vitzthum waren ihre Todfeinde geworden.

Dass die Gräfin weit länger als ihre Vorgängerinnen im Besitz der Macht war, versetzte den gesamten weiblichen Hofstaat in eifersüchtige Aufregung. Aber sie fanden nichts, was der Cosel schaden oder in den Augen des Königs herabsetzen konnte. Um den Sturz der Cosel herbeizuführen, wurde ein Feldzugsplan entworfen, eine entsprechend schöne und gewandte weibliche Person zu finden, welche sich entschließen konnte, die traurige und erniedrigende Rolle einer Eintagsfavoritin August II. zu übernehmen.

Eine neue Kampagne gegen die Gräfin Cosel wurde in Angriff genommen. Um einen Grund zu haben, dass der König die Cosel verließ, versuchte man ihr einen Fehltritt unterzuschieben. Man hatte die Idee, dass Löwendahl, ein enger Vertrauter der Cosel, ihr eine Liebeserklärung machen sollte – was aber bei der Cosel nur für Entrüstung sorgte und als Beleidigung aufgefasst wurde.

Der König musste aus politischen Gründen nach Polen reisen. Dort lernte er bald Frau von Dönhoff kennen, welche er zu seiner neuen Mätresse machte. Deshalb plante er, sie mit den Herrlichkeiten Dresdens bekannt zu machen. Doch so lange die Cosel in Dresden war, waren Unannehmlichkeiten vorprogrammiert, was er auf gar keinen Fall wollte.

Auf Wunsch des König Augusts wurde Gräfin Cosel gezwungen, das Palais der vier Jahreszeiten zu verlassen und in Pillnitz ihre Residenz aufzuschlagen. Da sie in Pillnitz ständigen Bedrängungen seitens der Vertrauten des Königs stand (ihr wurde die Herausgabe des schriftlichen Eheversprechens abverlangt), beschloss sie aus Pillnitz zu fliehen. Mit Hilfe ihres Kammerdieners, des Polen Zaklika, wurde der Plan gefasst nach Berlin zu gehen. Allerdings musste sie ihre drei Kinder zurücklassen.

Bald wusste man in Sachsen, dass die Gräfin Cosel in Berlin war. Man entsandte Spione nach dorthin, um die Gräfin völlig unschädlich zu machen und sich ihrer erheblichen Reichtümer zu bemächtigen. Gräfin Cosel hatte sich vorgenommen, in Berlin ein zurückgezogenes Leben zu führen, doch musste sie diesen Entschluss bald aufgeben. Der Ruf ihrer Schönheit und ihres Geistes war so verbreitet und ihre Persönlichkeit so interessant, dass man sich beeilte, ihre Bekanntschaft zu machen. Außerdem kannte sie viele Angehörige des Berliner Hofes und so fing man an, ihr Haus öfter zu besuchen. Bei diesen lebhaften Unterhaltungen ließ es sich die Gräfin nicht nehmen, einige pikante Einzelheiten über August zu verbreiten, was ihr schließlich zum Verhängnis wurde. General von Wartensleben, Statthalter von Berlin, erreichte der Befehl des preußischen Königs, die Gräfin Cosel nach Halle zu überführen.

In Berlin hätte sie ungehindert gehen und kommen wie sie wollte, in Halle aber war sie Gefangene, Gefangene des Königs von Preußen. Alle Ausgänge des Hauses wurden von Soldaten bewacht und auf Schritt und tritt wurde ihr gefolgt. Nachdem man nochmals vergeblich versucht hatte die Gräfin umzustimmen, indem sie das Schriftstück des Königs mit dem Heiratsversprechen herausgab, wurde beschlossen, die Auslieferung der Cosel durch den König von Preußen zu verlangen. Als Gründe gab man die kühnen und beleidigenden Äußerungen, die sie über König August gemacht hat und die angebliche Verschwörung gegen das Leben des Königs, an. Daraufhin wurde durch den König von Preußen unverzüglich die Auslieferung der Cosel an die sächsische Grenze bestimmt, wo sie den sächsischen Behörden ausgeliefert werden sollte. Man brachte sie in das Schloss Nossen. Auch dort versuchte sie sich mit Hilfe des Personals zu befreien, was ihr aber nicht glückte.

König August war außerordentlich beunruhigt, da er wusste, wie ernst er Drohungen der Gräfin Cosel zu nehmen hatte und beschloss, sie nach Stolpen zu bringen, da ihm dieses befestigte Schloss als Gefängnis mehr Sicherheit bot als Nossen. Von diesem Augenblick war die Gräfin verloren, denn niemals verzieh der König demjenigen, der es wagte, ihm offen Trotz zu bieten, oder ihn gar einschüchtern wollte. Am 24. Dezember 1716 schlossen sich die Tore des Schlosses Stolpen hinter der unglücklichen Frau, das von diesem Tage an ihr Gefängnis sein sollte. Der Johannisturm diente schon unter den ehemaligen geistlichen Besitzern des Schlosses als Gefängnis. Ein erneuter Fluchtversuch mit Hilfe des Neffen des Kommandanten Wehlen von Stolpen, Heinrich von Wehlen, schlug fehl. Dafür wurde dem Neffen das Todesurteil durch das Kriegsgericht verhängt. Zwei Jahre später erfolgte ein zweiter Fluchtversuch mit Hilfe des Leutnant Helm, der aber ebenfalls vereitelt wurde. Dafür kam Leutnant Helm vor das Kriegsgericht, erhielt das Todesurteil, wurde aber begnadigt.

Gräfin Cosel erhielt die Nachricht, dass der König nach Stolpen kommen würde und glaubte, er würde sie befreien. Der Grund für seinen Besuch aber war das Ausprobieren von Geschützen, die an den Basaltfelsen des Schlosses Stolpen getestet werden sollten. Nachdem sie wusste, das der König nicht ihretwegen gekommen war, richtete sie verzweifelt ihre Pistole auf den am Turm vorbei reitenden König und schoss. Allerdings verfehlte die Kugel ihr Ziel, der König ritt so schnell wie möglich davon ohne sich überhaupt noch einmal umzudrehen.

Ein Jahr später versuchte die Gräfin nochmals zu fliehen. Sie ließ sich an einem langen Seil an er rückwärtigen Mauer herab, wurde aber durch die Schildwachen bemerkt und wieder ins Schloss zurückgebracht. Ihr treuster Gefährte und engster Kammerdiener, der Pole Zaklika, machte abermals auf ihr Bitten hin einen Plan zur Flucht. Mit Hilfe einer Soldatenuniform gelang es ihr zu entkommen, man entdeckte aber rechtzeitig, dass die Cosel verschwunden war und begann sogleich nach der Flüchtenden zu suchen. Dabei wurde Zaklika erschossen. Gräfin Cosel war zu diesem Zeitpunkt 49 Jahre alt.

Am 1. Februar 1733 starb König August. Das hätte das Ende der Gefangenschaft bedeutet. Aber auf ihren Wunsch hin blieb Gräfin Cosel in Stolpen. Sie glaubte, dass sie nach der langen Gefangenschaft nicht mehr lange leben würde und richtete sich im Johannisturm häuslich ein. Jetzt war sie 53 Jahre alt. Sie beschäftigte sich mit der Bibel, mit orientalischen Sprachen und Literatur. Sie hatte sich vorgenommen, alle Religionen gründlich kennen zu lernen.

Ein Jahr vor ihrem Tod schenkte sie dem Fürsten Ligne, welcher sie in Stolpen während der Besetzung Dresdens durch die Österreicher besuchte, eine Bibel, die wie alle ihrer Bücher voller rot geschriebener Randbemerkungen war. Kurze Zeit später erhielt er von ihr einen Brief, der fast ganz unleserlich und dessen Inhalt unverständlich war. Er enthielt fast nichts als mystische Sätze und Zauberformeln. Nach 17-jähriger Gefangenschaft unter der Regierung August II. überlebte die Gräfin Cosel noch die Regierung seines Nachfolgers August III. und dessen Günstling Brühl sowie auch die beiden schlesischen Feldzüge und den 7-jährigen Krieg.

Am 31. März 1765 starb die Gräfin Cosel im hohen Alter von 85 Jahren. Sie hinterließ drei von August dem Starken anerkannte Kinder: den Grafen Friedrich August Cosel (1712 - 1770), General der Infanterie, Auguste Constantine (1708 - 1728), mit Grafen Friesen verheiratet, und Friederike Alexandrine (1709 - 1784), die den Schatzmeister Moszynski heiratete.

Kinder: Auguste Constanze (1708 - 1728)
            Friederike Alexandrine (1709 - 1784)
            Friedrich August (1712 - 1770)